Dienstag, 19. Februar 2013

Offener Brief für Frauenau

Vorher Nachher

Die Kulturgruppe für Frauenau schreibt:



Offener Brief zur Problematik der Ortsgestaltung in Frauenau

Das Glasmacherdorf Frauenau war immer ein besonderer Ort, wo man auf die eigene (Glas-)Tradition stolz war und wo man das mit einer besonderen Weltoffenheit verband. Hier waren Kunst und Kultur stets willkommen. Man konnte mitgestalten, mitdiskutieren, unterschiedliche Meinungen wurden gehört und mit einbezogen. Wir alle hatten auf verschiedene Weise die Chance, das kennenzulernen - als Frauenauer, die hier aufgewachsen sind bzw. hier leben und arbeiten, oder auch als Kulturschaffende und Künstler, die sich hier auf vielfältige Weise engagiert haben: sei es im Projekt der gläsernen Arche, in der Internationalen Akademie Bild-Werk Frauenau, im Kulturprogramm des Gasthaus Gistl, bei der Neugestaltung des Glasmuseums, bei den Gläsernen Gärten, in der Erwin-und-Gretel-Eisch-Stiftung, der Kulturforschung oder in Vereinen. In diesem Frauenau gab es immer ein Gespür für das Schöne, hier waren Austausch und der Blick über den Tellerrand gesucht und erwünscht.

All das spiegelte sich auch im Ortsbild, beispielsweise in den charakteristischen Glasmachergebäuden und den vielen bunten Häusern, für die "die Au" bekannt ist. Aus diesem offenen Geist und Traditionsbewusstsein heraus haben z.B. in den 1980ern Frauenauer Künstler und Firmen zusammen mit Bürgermeister Alfons Hannes, dem Gemeinderat und den beiden Banken den Dorfplatz neu gestaltet. Sie haben die Pflasterung und kreisförmige Bepflanzung angelegt und die Einfassung des Marienbrunnens rekonstruiert. Die Fassaden des Rathauses und des Kiosks daneben, der Sparkasse, der VR-Bank und später auch des ortsbildprägenden Häusler-Hauses wurden sensibel gestaltet und aufeinander abgestimmt.
Was man in Frauenau damals schon gewusst hat, hat sich heute weit und breit in Ortssanierungen durchgesetzt. Nun aber beobachten wir ausgerechnet hier, wie diese Qualitäten rücksichtslos zerstört werden. Als Frauenauer und als mit dem Ort verbundene Kultur-Aktive haben wir uns deshalb zu diesem Aufruf entschlossen.
Es erschreckt uns, wenn der Neubau der Sparkasse, der auch den Abriss der beiden Verbindungsgebäude zwischen Kirche und Rathausplatz bedeutete, als ein "Steilpass" für die weitere Dorfentwicklung bezeichnet wird, die demnach zum weiteren "Ausmerzen" teils leerstehender Häuser und „Schandflecken“ führen soll (Bayerwald-Bote 10.11.2012). Allein der Abriss des historischen Schul- und Sparkassengebäudes kurz vor Weihnachten zusammen mit dem Verlust der gepflasterten Hauptstraße 2009 ist ein städtebauliches Desaster. Das neue Gebäude mit seiner lauten, aufgerissenen Glasfront wird ein wirklich harmonisches Ortsbild nicht mehr zulassen. Umso wichtiger ist es, dass dies nun nicht zu noch weiteren Zerstörungen führt, sondern dass alle weiteren Gestaltungsvorhaben die Vergangenheit und die Identität des Dorfes respektieren!

Daraus folgt unsere Bitte an die Gemeinde Frauenau und, für die Gestaltung des Abrissplatzes, auch an die Sparkasse Regen-Viechtach:

- Als erster Schritt ist es jetzt wichtig, dass Frauenau in das Städtebauförderprogramm Stadtumbau West oder ein vergleichbares (für die Gemeinde finanziell leistbares!) Förderprogramm aufgenommen wird, und dass gemeinsam mit den Regierungsstellen, den Bewohnern und allen, die konstruktiv beitragen können, ein ganzheitliches Zukunftskonzept für die gesamte Ortsmitte entwickelt wird.
- Greifen Sie dieser Gesamtplanung nicht weiter vor, stellen Sie Frauenau nicht weiter mit übereilten Eingriffen in das Ortsbild vor vollendete Tatsachen! Dorfplätze sind ein über die Zeit gewachsenes Gefüge. In einer Zeit, in der das Dorf schrumpft, sollte man der Ortsmitte Zeit geben neu zusammenzuwachsen, statt ihr gewaltsam ein städtisches Gehabe aufzudrücken!
- Aus diesem Grund muss der Marienbrunnen vor dem Rathaus in seiner Einheit mit der erhöhten Mauer und der gebauten und geschmiedeten Einfassung erhalten bleiben. Hier ist die traditionelle Mitte des Ortes, eine Ruheinsel, die Heimat und Geborgenheit ausstrahlt.
- Keine weiteren Abrissgenehmigungen, die die historische Bausubstanz Frauenaus weiter zerstören! Keine weiteren Spekulationen mit dem Abriss des Häusler- und Haushoferhauses und anderen Häusern entlang der Hauptstraße! Stoppt die derzeitige Abrisswelle, die auch die gebauten Zeugen unserer Glashüttenkultur in den Ortsteilen Paradies (z.B. die Zollhäuser), Oberfrauenau (u.a. die landschaftsprägende Sesselfabrik) und Moosau (u.a. den historischen Gistl-Saal) akut gefährdet!
- Die Kreisheimatpflegerin Cornelia Schink, Mitverfasserin dieses Schreibens, sollte in die Planungen mit einbezogen werden!
- Als absurdes Missverständnis erscheinen uns die Überlegungen, die Leerplätze, die u.a. durch den Abriss historischer Bauten entstehen, mit mehr oder weniger kurzlebigen Glasskulpturen zu bestücken und die Gläsernen Gärten weiter in den Ortskern zu ziehen. Kunst kann keine gewachsene Dorfarchitektur ersetzen! Und so sehr wir die Förderung von Glaskunst in den Gläsernen Gärten begrüßen, so hat doch deren Teer- und Steinästhetik zum Charakter eines Glasmacherdorfes ebenso so wenig beizutragen wie zu dem eines Gartens.
- Viel vordringlicher wäre es, die Hausbesitzer zu informieren, wie sie mit Hilfe staatlicher Förderungen ihre Häuser attraktiv und wertsteigernd sanieren können.

Um die vielen leerstehenden Geschäfte für die Zukunft nutzbar zu machen und mit neuem Leben zu füllen, braucht es klare Zielsetzungen, eine zukunftsweisende Gestaltungs- und Nutzungsplanung und viel Geduld. Warum z.B. kann Frauenau mit seiner alten Mädchenschule (dem heutigen Häuslerhaus) nicht in eine ähnliche Richtung denken wie Zwiesel mit seiner? Warum ist die Wiederbelebung des Penzkoferhauses in Viechtach und das Projekt "Haus.Paten Bayer. Wald" kein Vorbild? Lassen sich Geschäfts- und Wohnräume in einem rundum attraktiven Dorf nicht besser vermieten, interessante Projekte (vielleicht auch in Richtung Glas und Kunst?) im Rahmen eines positiven Gesamtkonzepts nicht besser verwirklichen?

Hier liegt das Entwicklungspotenzial und die Zukunft von Frauenau! Ortsgestaltung hat viel mit Kulturbewusstsein zu tun. Wenn das Glasmuseum nun zum Landesmuseum umgewidmet wird, so ist das eine Anerkennung für das kunst- und traditionsbewusste Frauenau – und natürlich auch ein Auftrag, nun nicht die Mitte unseres Ortes zu zerstören! So wie wir alle wollen auch die Menschen, die in Zukunft in dieses Landesmuseum und in unseren Ort kommen, kein gesichtsloses Dorf erleben, das seine Zukunft aufgegeben und sich selbst dem Abriss und der Verödung preisgegeben hat.


Frauenau, 14. Februar 2013,
für die besorgten Frauenauer und die Kulturschaffenden und Künstler für Frauenau:

Josef Atschi Achatz, Mark Angus, Marianne Brunner, Dietmar Stan Dengler, Erwin und Gretel Eisch, Prof. Dr. Katharina Eisch-Angus, Sabine Eisch, Dr. Julia Garhammer, Gabi Hanner, Sebastian Haslinger, Katharina Höller, G. Jo. Hruschka, Dr. Manfred und Renate Jacobi, Anita und Georg Jung, Ines Kohl, Wolfgang und Marion Köster, Anna und Herbert Lackner, Claudia Müller, Veronika Schagemann, Cornelia Schink, Christian Schmidt, Theodor Sellner, Beate Seuferling, Julia Seuferling, Barbara Späth, Lisa Späthe, Stefan Stangl, Thomas Stangl, Usija Wallner, Dr. Egid Werner, Beppo Wess, Jürgen Wolf

Hier zum Download: Offener-Brief-fuer-Frauenau (pdf, 609 KB)

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Wer sind die Piraten, was geschah? Lesen Sie - samt Impressum:

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