Die Versöhnung von Haidl
Haidl am Ahornberg, das war ein idyllisch gelegenes Kirchdorf, wie es viele gab im Böhmerwald. Ab den 1930er Jahren dürften sich auch hier die Trennlinien zwischen der deutschsprachigen Mehrheit und den wenigen tschechischen Familien, zwischen nationalsozialistischen Henlein- und Hitler-Anhängern und antifaschistisch gesinnten Einwohnern immer mehr verschärft haben, Fanatismus und Gewalt machten sich breit.
Bei der Befreiung der Region zum Kriegsende gerieten am 5. Mai 1945 die Soldaten der 90. Infanterie-Division der US.Armee bei Haidl – tschechisch Zhůří Javorná - in eine Falle. Die Amerikaner wehrten sich. Zehn amerikanische Soldaten wurden getötet, weitere zehn verletzt. Außerdem kamen 24 Jugendliche des deutschen Schulbataillons und der Hitler-Jugend ums Leben, 76 wurden gefangen genommen. 1946 wurden die deutschen Einwohner vertrieben, 1952 mussten auch die Gebliebenen innerhalb kürzester Zeit gehen. Das Tal wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt, Panzer und Geschütze machten das Dorf dem Erdboden gleich.
Heute zeigt sich das sanfte Tal im Gemeindegebiet von Hartmanice wieder als idyllischer Ort – und zugleich als Ort der Gewalt. Der Boden ist voll von Trümmern und metallenen Fundstücken des Kalten Kriegs.
Entlang der baumbestandenen Zufahrtsstraße findet sich ein Denkmal für die zehn getöteten US-Soldaten, sowie hundert Meter weiter eine Erinnerungskapelle, die die vertriebenen Dorfbewohner 1999 zusammen mit engagierten tschechischen Bürgern der Umgebung errichtet haben. Eine spannungsgeladene Nachbarschaft.
Heuer am 15.September, an einem kalten, verregneten Herbsttag, kamen vielleicht hundert Menschen in der Mitte zwischen beiden Denkmälern zusammen, Bürgerinnen und Bürger aus den umliegenden Ortschaften und der Stadt Klatovy, außerdem eine kleine Gruppe Menschen, deren Böhmerwalddialekt die Haidler Herkunft verriet.
Umrahmt vom Gemischten Chor Železná Ruda weihten eine Bürgermeisterin und zwei Bürgermeister, die Mitglieder des Vereins "Weg der Versöhnung" aus Horažďovice, der Vertriebenensprecher von Haidl am Ahornberg, der Pfarrer aus Železná Ruda und der Generalvikar aus Sušice als Vertreter der Kirche zusammen ein „Kreuz der Versöhnung“ ein. Nacheinander erzöhlten die Redner von Soldaten, die in der Fremde als Befreier gefallen waren, und von toten Böhmerwaldbuben, die nichts kennengelernt hatten als das Dorfleben von Haidl und den Fanatismus eines verbrecherischen Regimes. Von Gewalt war die Rede, von Heimatverlust, Trauer, auch von Gemeinsamkeit und Versöhnung.
Was hier geschehen ist und die Landschaft gezeichnet hat, lässt sich nicht ungeschehen machen, auch nicht versöhnen. Aber es ist möglich, sich zu erinnern und Brücken zu bauen.
Katharina Eisch-Angus
Bei der Befreiung der Region zum Kriegsende gerieten am 5. Mai 1945 die Soldaten der 90. Infanterie-Division der US.Armee bei Haidl – tschechisch Zhůří Javorná - in eine Falle. Die Amerikaner wehrten sich. Zehn amerikanische Soldaten wurden getötet, weitere zehn verletzt. Außerdem kamen 24 Jugendliche des deutschen Schulbataillons und der Hitler-Jugend ums Leben, 76 wurden gefangen genommen. 1946 wurden die deutschen Einwohner vertrieben, 1952 mussten auch die Gebliebenen innerhalb kürzester Zeit gehen. Das Tal wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt, Panzer und Geschütze machten das Dorf dem Erdboden gleich.
Heute zeigt sich das sanfte Tal im Gemeindegebiet von Hartmanice wieder als idyllischer Ort – und zugleich als Ort der Gewalt. Der Boden ist voll von Trümmern und metallenen Fundstücken des Kalten Kriegs.
Entlang der baumbestandenen Zufahrtsstraße findet sich ein Denkmal für die zehn getöteten US-Soldaten, sowie hundert Meter weiter eine Erinnerungskapelle, die die vertriebenen Dorfbewohner 1999 zusammen mit engagierten tschechischen Bürgern der Umgebung errichtet haben. Eine spannungsgeladene Nachbarschaft.
Heuer am 15.September, an einem kalten, verregneten Herbsttag, kamen vielleicht hundert Menschen in der Mitte zwischen beiden Denkmälern zusammen, Bürgerinnen und Bürger aus den umliegenden Ortschaften und der Stadt Klatovy, außerdem eine kleine Gruppe Menschen, deren Böhmerwalddialekt die Haidler Herkunft verriet.
Umrahmt vom Gemischten Chor Železná Ruda weihten eine Bürgermeisterin und zwei Bürgermeister, die Mitglieder des Vereins "Weg der Versöhnung" aus Horažďovice, der Vertriebenensprecher von Haidl am Ahornberg, der Pfarrer aus Železná Ruda und der Generalvikar aus Sušice als Vertreter der Kirche zusammen ein „Kreuz der Versöhnung“ ein. Nacheinander erzöhlten die Redner von Soldaten, die in der Fremde als Befreier gefallen waren, und von toten Böhmerwaldbuben, die nichts kennengelernt hatten als das Dorfleben von Haidl und den Fanatismus eines verbrecherischen Regimes. Von Gewalt war die Rede, von Heimatverlust, Trauer, auch von Gemeinsamkeit und Versöhnung.
Was hier geschehen ist und die Landschaft gezeichnet hat, lässt sich nicht ungeschehen machen, auch nicht versöhnen. Aber es ist möglich, sich zu erinnern und Brücken zu bauen.
Katharina Eisch-Angus
Bordredaktion - 2012-09-17 18:37